Jörg Gleisenstein: Debatte über Abrissliste ein Desaster für die Stadt

Rede in der Stadtverordnetenversammlung am 27.9.2012 zur Abrissliste 2013

Sehr geehrter Herr Vorsitzender, Liebe KollegInnen, Liebe Gäste!

Sehr geehrter Herr Oberbürgermeister, es ist sicherlich nicht übertrieben, das was hier mit der Abrissliste 2013 in diesem Jahr passiert ist, als Gewürge zu bezeichnen.

Ich halte es für ein Desaster nach Innen und nach Außen. Nach außen gegenüber dem Land, das sich fragen muss, wie verlässlich Frankfurt (Oder) als Partner ist und nach Innen gegenüber den FrankfurterInnen. Wie soll man das, was sich rund um die Debatte um die Abrissliste ereignet hat, den Menschen noch vernünftig erklären?

Ich sehe Sie und den zuständigen Dezernenten, Herrn Derling, hierfür in der Verantwortung. Ich möchte nochmals daran erinnern, dass Sie es waren, der den FranfurterInnen versprochen hat, den „Stadtumbau neu zu denken" und damit Hoffnungen geweckt hat, die vielleicht kurzfristig nicht zu erfüllen waren. Aber Sie haben nicht den Eindruck gemacht, sich wirklich darum gekümmert zu haben. Dafür ist zwischen den einzelnen Abstimmungen zu den Abrisslisten zu viel Zeit ins Land gegangen, ohne Ergebnisse zu sehen waren. Hektische Betriebsamkeit kam immer dann auf, wenn eine nächste Abstimmung hier in der StVV ins Haus stand.

Bürgerbeteiligung im Stadtumbau? Findet schon seit langem nicht mehr statt. Warum hat die Verwaltung nicht selbst stärker den Kontakt zu den betroffenen EinwohnerInnen gesucht? Bürgerversammlungen haben nur die Bürgerinitiativen organisiert. Die letzte Publikation zum Stadtumbau ist schon gefühlte Dekaden alt und wurde unter Ihrem Vorgänger erstellt und verteilt.

Stattdessen werden Entscheidungen zum Stadtumbau in nicht öffentlich tagende Hinterzimmergremien getroffen. Mit dieser Art Politik zu machen, werden wir nicht erfolgreich sein. Sie beschädigt das, was Sie immer wieder einfordern: Vertrauen zu haben. Vertrauen kann sich nur entwickeln, wenn die Prozesse transparent ablaufen und die BürgerInnen die Möglichkeit bekommen, sich wirklich einzubringen.

Ich befürchte, dass sich ähnliches auch mit dem INSEK abspielen wird. Seit Februar hat es hierzu keine belastbaren Informationen gegeben, von Beteiligung ganz zu schweigen, obwohl wir schon deutlich über dem eigentlich vorgesehenen Zeitplan hinaus sind.

Uns liegt heute ein umfangreicher Beschlusstext mit 10 Punkten vor. Er enthält vieles bedenkenswertes und vielleicht auch richtiges. Aber er ist auch so umfangreich, dass die Zeit nicht ausgereicht hat, die einzelnen Punkte angemessen zu prüfen und auf ihre Sinnhaftigkeit als Einzelmaßnahme und als Gesamtpaket abzuklopfen. Insbesondere wenn der zuständige Ausschuss die Vorlage einen Tag vorher bekommt.

Ich kann dieser Vorlage heute meine Zustimmung nicht geben und verbinde mein Votum mit der klaren Aufforderung an die Verwaltung, Stadtentwicklung nicht nur auf Zuruf zu machen, sondern mehr Transparenz und Mitsprachemöglichkeit in diese Prozesse zu bringen!

Man muss sich doch die Frage stellen, warum die Rücknahme des Gebäudes Winzerring 13 von der Liste im Januar unvorstellbar war, plötzlich aber das Gebot der Stunde ist?

Die Wiedervermietungsquote soll angehoben werden. Wie das geschehen soll? Hierzu gibt es keine Konkretisierung.

Prüfung, ob preiswertes Bauland im 4. WK zur Verfügung gestellt werden kann – aber gleichzeitig wissen wir, dass alle Fördermittel auf die Innenstadt konzentriert werden sollen und sich die Grundstücke gar nicht im Besitz der Stadt befinden. Wie soll das bezahlt werden. Für mich eine reine Nebelkerze.

Wir nehmen es darüber hinaus klaglos hin, dass das Land Fördermittel für dieses Jahr mit der Abrissliste für das nächste Jahr verknüpft. Das ist für mich Erpressung und in keiner Weise inhaltlich und rechtlich begründet, denn am Stadtumbaukonzept nehmen wir keine Änderungen vor.

Entsprechend reiche ich hiermit zwei Änderungsanträge ein, die ich so auch im Stadtentwicklungsausschuss gestellt habe:

Zusatzantrag zu Punkt 5

Nachfolgender 2. Satz ist anzufügen:

„Hierzu wird Oberbürgermeister beauftragt, einen Gesellschafterbeschluss herbeizuführen, der die Wohnungswirtschaft beauftragt, bis Ende 2012 eine Maßnahmenliste vorzulegen, mit der dieses Ziel erreicht werden soll. Über die Umsetzung ist die Stadtverordnetenversammlung regelmäßig zu informieren."

Zusatzantrag zu Punkt 8

Nachfolgende Ergänzung ist nach „zu erreichen" anzufügen:

... „und darauf hinzuweisen, dass die Verknüpfung der Stadtumbauliste 2013 mit den Fördermitteln 2012 nicht sachgerecht und unbegründet ist sowie einen Eingriff in die kommunale Selbstverwaltung darstellt."

Ich danke für Ihre Aufmerksamkeit.

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