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Die Stadtverordnetenversammlung Frankfurt (Oder) forderte gestern den Ministerpräsidenten Dietmar Woidke auf, sich gegenüber Roland Jahn, dem Bundesbeauftragten für Stasi-Unterlagen, unmissverständlich für Frankfurt (Oder) als zukünftigen Standort der Brandenburger BStU - Außenstelle mit Archiv auszusprechen.
Dazu äußert sich Alena Karaschinski, Sprecherin der Frankfurter Bündnisgrünen, wie folgt: "Es ist dem Vorstoß der Bündnisgrünen Landtagsabgeordneten Heide Schinowsky zu verdanken, dass das Zukunftskonzept von Roland Jahn nun auch für Brandenburg eine BStU-Außenstelle mit Archiv vorsieht. Jegliche Überlegungen hinsichtlich einer Verlegung der Frankfurter BStU-Außenstelle nach Cottbus finde ich jedoch befremdlich. Hier wird ohne Not eine periphere Region gegen eine andere periphere Region ins Spiel gebracht. Dem sollte der Ministerpräsident schnellstens Einhalt gebieten. Eine Konzentration von Gedenk- und Erinnerungsstätten in Cottbus, wo das Menschenrechtszentrum wertvolle Arbeit leistet, erscheint mir wenig sinnhaft. Denn Aufklärung und politische Bildung hinsichtlich Diktaturen und Demokratie braucht das gesamte Land. Wenn die Stadtrandlage der heutigen BStU-Außenstelle unbefriedigend erscheint, sollte man meines Erachtens erst in Frankfurt (Oder) nach alternativen Standortmöglichkeiten suchen."
Die Grüne Stadtverordnete Sahra Damus ergänzt: "Die Außenstelle der Stasi-Unterlagenbehörde in Frankfurt (Oder) sollte zu einem wirklich europäischen Ort weiterentwickelt werden. Denn die Stasi ist kein rein deutschen Phänomen. Ähnliche Behörden gab es in den mittel- und osteuropäischen Ländern. Wo, wenn nicht in der Doppelstadt Frankfurt (Oder) und Slubice, läge es näher, diese Parallelen herauszuarbeiten und weiter zu erforschen. Mit der Viadrina als geisteswissenschaftliche Universität haben wir dafür hier die besseren Voraussetzungen als mit einer technischen Universität in Cottbus. Zudem wollen die Viadrina und das Collegium Polonicum in Slubice eine gemeinsame Fakultät zum Thema Digitalisierung gründen. Eine Aufgabe, die die BStU in den nächsten Jahren und Jahrzehnten grundlegend verändern wird."
Der Antrag im Wortlaut:
Die Stadtverordnetenversammlung der Stadt Frankfurt (O) bekennt sich zum Standort Frankfurt (O) der Stasiunterlagenbehörde und setzt sich für den Erhalt von ca. 55 Arbeitsplätzen an diesem Standort ein. Die Stadtverordnetenversammlung fordert den Oberbürgermeister auf, schnellstmöglich konzeptionell auf das Land Brandenburg mit dem Ziel einzuwirken, Argumente für den Verbleib der Stasiunterlagenbehörde am Standort Frankfurt (O) (inkl. Archiv, Auskunftsbereich und Öffentlichkeitsarbeit/Politische Bildung und Verwaltung) vorzulegen und den letztendlichen Endscheidungsträger Bund davon zu überzeugen, dass die BStU-Außenstelle des Landes Brandenburg in Frankfurt (Oder) bleibt. Die Stadtverordnetenversammlung bekennt sich weiterhin zur Einheit von Archiv und Auskunftsbereich. Die Stadtverordnetenversammlung fordert den Ministerpräsidenten Dietmar Woidke auf, sich gegenüber Roland Jahn, dem Bundesbeauftragten für Stasi-Unterlagen, unmissverständlich für Frankfurt (Oder) als zukünftigen Standort der BStU - Außenstelle mit Archiv auszusprechen. Vor dem Hintergrund von landesweit notwendigen Gedenk- und Erinnerungsstätten mit regionaler Ausstrahlung sind Konzentrationsüberlegungen solcher Einrichtungen in Cottbus unverständlich. Für den Fall, dass Alternativen zum bestehenden Standort nötig sein sollten, fordert die Stadtverordnetenversammlung den Oberbürgermeister auf, in Rücksprache mit der Behörde des Bundesbeauftragten für Stasi-Unterlagen, nach Offenlegung der entsprechenden Kriterien geeignete, innerstädtische Gebäude und/oder Flächen zu finden, die einen attraktiven neuen Standort für eine BStU - Außenstelle mit Archiv in Frankfurt (Oder) darstellen könnten.
Darüber hinaus wird der Oberbürgermeister aufgefordert, zusammen mit geeigneten städtischen und regionalen Akteuren ein überzeugendes inhaltliches Konzept zur Weiterentwicklung der BStU - Außenstelle zu entwickeln. Das Land sollte eingebunden werden in eine konzeptionelle Prüfung, wie eine verstärkte Bildungsarbeit zu den Themen Diktatur und Demokratie zukünftig in Frankfurt (Oder) verwirklicht werden kann. Wir erwarten ein verstärktes Engagement des Landes bei der politischen Bildungsarbeit.
Begründung:
Der Deutsche Bundestag beschloss im Juni 2016 einen Transformationsprozesses der Stasi-Unterlagenbehörde, mit dem Ziel, die Nutzung der Stasi-Unterlagenbehörde dauerhaft zu sichern. Ursprünglich hatte der Bundesrechnungshof aus Kostengesichtspunkten den Deutschen Bundestag aufgefordert, die Anzahl der Außenstellen der Stasiunterlagenbehörde zu reduzieren. Dazu erarbeitete eine Expertenkommission Vorschläge mit dem Ziel, in jedem der neuen Bundesländer eine Außenstelle mit Archivstandort zu erhalten. Bisher gibt es insgesamt 12 Außenstellen (meist 3 Standorte pro Bundesland) und eine Zentrale. Im Land Brandenburg existierten bis 2006/2007 zwei Außenstellen: die Außenstelle Potsdam und die Außenstelle Frankfurt (Oder). Die Außenstelle Potsdam wurde Ende 2007 in die Zentralstelle nach Berlin verlagert und geschlossen. Die Außenstelle in Frankfurt (O), vereint die Stasi-Akten aus den ehemaligen DDR-Bezirken Frankfurt (O) und Cottbus. Da der Bundesbeauftragte Roland Jahn in seinem ursprünglich vorgelegten Konzept keine Außenstelle in Brandenburg vorgesehen hat, bestünde die Gefahr, dass alle Brandenburger Akten nach Berlin kämen (wie schon die Potsdamer Akten). In diese entstehende Debatte hat sich der CDU-Landtagsabgeordnete Dieter Dombrowski eingeschaltet, der nun eine Kampagne für die Verlegung der BStU-Außenstelle nach Cottbus fordert, weil dort Synergieeffekte zum Menschenrechtszentrum bestünden - und weil Cottbus versucht, einen Standort in zentraler Lage in der Innenstadt zu präferieren.
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